Mein Betta spec.-Stamm, der mir leider ausstarb

Maulbrüter, aus dem pugnax-Formenkreis, B. fusca sehr ähnlich, aber ohne Abgabe von Nähreiern, dafür Bruten mit rund 200 Jungen! Erworben im vegangenen Jahrhundert in Köln in einem Geschäft am Neumarkt, das später an den Ring zog (gegenüber von Saturn), stammten von Mimbon, die sie wohl aus Jambi/Sumatra importierten und als B. fusca anboten.





Und hier der Entwurf zu einem bislang unveröffentlichten Artikel darüber:
Im November 1992 griff ich spontan zu, als ich in einer auf Aquaristik spezialisierten Zoohandlung in Köln maulbrütende Kampffische mit herrlich lang ausgezogenen Flossen entdeckte. Von den drei erwachsenen Männchen nahm ich das mit den längsten Flossen, außerdem das einzige Weibchen. Die Fundortangabe der unter dem Namen Betta fusca gehandelten Tiere lautete "Jambi, Sumatra", der Importeur war die Firma Mimbon. Inzwischen bin ich jedoch sicher, daß es sich nicht um diese Art handelt, doch dazu später mehr. Die Ernährung erwies sich als völlig unproblematisch, neben Trockenfutter erhielten sie Wasserflöhe, Mückenlarven in schwarz, rot und weiß, gefroren und lebend, Bachflohkrebse, Wasserkäfer und -wanzen, und Schnaken. Besonders beliebt waren die Larven von Wanderheuschrecken sowie Wachsmotten und deren Larven aus meinen Zuchten. Sie bewältigten große Brocken, Wachsmottenlarven von der Länge ihres Kopfes oder gleich große Heuschrecken verschwanden vollständig im Maul und wurden unter Kopfnicken und Kaubewegungen verschluckt. Fische wurden nicht genommen, nicht einmal neugeborene Guppies. Die Wasserwerte betrugen 7 °dGH, 26 °C, pH 6-7 und Nitrit / Nitrat mit Teststäbchen nicht nachweisbar.
Weihnachten 1992 laichte dieses Paar zum ersten Mal ab, in der Folgezeit konnte ich dieses Verhalten mehrfach bei meinen Wildfangtieren und Nacerleben, später sogar auf Video dokumentieren.
Die Balzphase beginnt damit, daß das Weibchen in seiner längsgestreiften Laichfärbung dem Männchen durch das gesamte Becken folgt. Dabei machen sie immer wieder Pause und umkreisen sich an dem späteren Laichplatz. Deutlich ist der Laichansatz des Weibchens zu erkennen, die starke Rundung des Bauches wird optisch durch die helle Färbung mit einem feinem Netzmuster noch unterstrichen. Das Männchen zeigt seine normale Färbung (siehe Foto). Diese Balzphase wird meist von der Nacht unterbrochen. Am darauffolgenden Tag geht es im Morgengrauen weiter. Das Ablaichen findet in der Regel mit Deckung von oben statt. Dabei werden geräumige Unterstände (etwa ein Stück Korkrinde) Schwimmpflanzen vorgezogen. Beide Partner umkreisen sich. Aus dieser Kreisbewegung schwimmt das Weibchen an der Flanke des Männchens hoch. Auf diesen Körperkontakt hin läßt sich dieses zur Seite kippen und umschließt das Weibchen vollständig. Gelingt dieses Umschließen nicht, bleibt es bei einer Scheinpaarung, bei vollständiger Umschlingung kommt es unter Zittern beider Partner zur Abgabe der Geschlechtsprodukte. Dabei kann das Paar sowohl bis fast zur Wasseroberfläche aufsteigen als auch bis fast auf den Boden sinken. Das Männchen öffnet seine Umschlingung und erstarrt in halbgeöffneter Position, während das Weibchen die Eier von seiner Afterflosse aufnimmt. Wenn das Männchen nach etwa einer halben Minute erwacht, folgt das Verhalten, das Arend van den Nieuwenhuizen sehr passend als "Spielerei mit dem Ei" beschreibt (DATZ 1 & 2/82). Das Weibchen spuckt die Eier wieder aus, so daß das Männchen sie zur Maulbrutpflege übernehmen kann. Oft fordert das Männchen durch "Küsse" an die Unterkieferseite das Weibchen zur Übergabe der Eier auf. Manchmal spuckt das Weibchen, ohne daß zunächst Eier kommen, das Männchen schnappt dann trotzdem in Richtung des Weibchens. Haben Eier das Maul des Weibchens verlassen, so fangen sie beide Partner schnellstmöglich wieder ein. Dabei werden die Eier nicht ergriffen, sondern regelrecht eingesaugt, so daß auch mehrere Eier auf einmal aufgenommen werden können. Meistens stehen die Kampffische bei der Eiübergabe in einem Winkel von etwa 90° zueinander. Es kommt vor, daß das Weibchen abseits vom Männchen mit den Eiern "spielt". Schweben die Eier im freien Wasser, so sind beide Elternteile bemüht, sie möglichst schnell wieder einzuholen. Dabei hatte ich jedoch nie den Eindruck, das Weibchen wolle die Eier behalten, vielmehr sah es so aus, als wolle das Paar auf keinen Fall eines der Eier verlieren. Einmal konnte ich beobachten, wie mein Wildfangweibchen trotzdem ein Ei verlor; als ich am nächsten Tag den Laichplatz ansaugte, fand ich zwei weiße Eier von 1,8 mm Durchmesser, die sich jedoch nicht entwickelten. Interessanterweise trug das Männchen die Eier dieses Laichvorgangs nicht aus, es stellt sich die Frage, ob vielleicht auch der Rest des Geleges nicht entwicklungsfähig war.
rsten Eiübergabe, sah ich diesen Gegenstand nicht mehr, wahrscheinlich hatte es sich um eine kleine Schnecke gehandelt. Gegen 10 Uhr ging die volle Beleuchtung an, um 10.15 Uhr erfolgte die erste vollständige Paarung. Die Eiübergabe klappte noch nicht so ganz, d. h., das Männchen reagierte zu spät. Bei einer unvollständigen Paarung um 10.22 Uhr hatte das Weibchen noch Eier im Maul, die um 10.25 Uhr übergeben wurden. Beide Partner gähnten gelegentlich, dabei handelte es sich aber wohl nicht um Droh- oder Imponierverhalten, denn sie wandten sich dabei vom Partner ab. Das Männchen spreizte dabei manchmal auch die Kiemendeckel. Um 10.32 Uhr die zweite Paarung, das Paar stieg dabei bis fast an die Wasseroberfläche. Das Weibchen nahm die wenigen Eier in einem Mal auf. Nach dem Erwachen des Männchens aus der Laichstarre spuckte das Weibchen rund ein Dutzend mal, ohne daß Eier zu sehen waren. Dabei endeten die Schnappbewegung des Männchens oft am Unterkiefer des Weibchens. Dann wurden zwei Eier übergeben. Nach einer Scheinpaarung wurden nochmals zwei Eier übergeben. Zwischendurch wurden von beiden Partnern Salmler verjagt, die sich näher als etwa fünf Zentimeter heranwagten. Erstaunlicherweise wurde einige Wochen später von diesem Paar ein Schokoladengurami am Laichplatz geduldet, der bei jeder Eiübergabe erfolglos versuchte, Eier zu erwischen. Zwischen den Paarungen im Abstand von ¨ bis ´ Stunde gab es immer wieder Scheinpaarungen.
Um 17 Uhr hatte das Männchen die Schnauze so voll, daß man glauben konnte, es müsse beim Luftholen die Eier verlieren. Trotzdem gelang es ihm, noch weitere Eier unterzubringen. Gegen 20 Uhr verschwanden beide Partner in einem nicht einsehbaren Versteck, aus dem das Weibchen nach zwanzig Minuten wieder hervorkam und die Frontscheibe abschwomm. Es hatte sein Streifenkleid abgelegt, nur der Kopf trug noch die Laichzeichnung. Kurz danach schwamm es, nun wieder in kompletter Laichfärbung, zum Versteck des Männchens. Was dort geschah, konnte ich nicht sehen. Um 22.30 Uhr, eine halbe Stunde vor dem Erlöschen der Beleuchtung, schwamm das Weibchen in Normalfärbung im Vordergrund und fraß zwei Wachsraupen. Am Morgen des folgenden Tages ragte ein Stück Schwanzflosse des Männchens aus dem Versteck, einer kleinen Höhle am Wasserspiegel, in der das Männchen ohne Flossenbewegung auf einen Stein gestützt lag. Zwei Tage später hatte das Männchen den Kehlsack leer und den Magen voll. Eine Woche zuvor hatte das Paar ebenfalls gelaicht, auch hier wurde der Laich nach zwei Tagen gefressen. Der dritte Versuch, am 30. 7., war dann erfolgreich.

Für die Dauer der Maulbrutpflege verschwindet das Männchen in einem Versteck. Nach meinen Erfahrungen hat dieses Versteck immer eine Deckung von oben. Bisweilen wird zwischen verschiedenen Verstecken gewechselt. Manchmal wird berichtet, daß die Männchen maulbrütender Kampffische die Brut fressen. Vielleicht geschieht dieses, weil die Beckeneinrichtung dem Sicherheitbedürfnis nicht gerecht wird. Auch bei mir kam es gelegentlich vor, daß Brut, üblicherweise nach drei Tagen, gefressen wurde. In einem Fall fraß das Männchen die Brut, nachdem es am Tag vor dem Laichen erst Junge entlassen hatte und vor dem erneuten Laichen noch keine Gelegenheit zur Nahrungsaufnahme gehabt hatte. Männchen, die am vierten Tag ihre Brut noch im Maul hatten, trugen diese auch aus. Ich vermute, daß das Männchen die Eier verschluckt, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt (etwa nach drei Tagen) die Jungen noch nicht geschlüpft sind. Ich habe oben geschildert, daß zwei verlorene Eier sich nicht entwickelten, während der Rest der Brut nach drei Tagen verschwand. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß die Eier sich außerhalb des Maules nur entwickeln, wenn man sie mit Wasser umströmt. Leider fällt mir keine Strategie ein, die Eientwicklung zu studieren, die ich meinen Tieren zumuten möchte. In "Der Makropode" vermutet Knut Bieler, daß maulbrütende Kampffische zuverlässiger die Brut austragen, wenn man sie vergesellschaftet (Juli/August 1998). Meine Daten bestätigen diese Auffassung, denn bei mir ging die Brut nur verloren, wenn das Paar allein im Becken war.
Über die Dauer der Maulbrutpflege kann ich leider keine genauen Angaben machen. Die kürzeste Pflegedauer betrug 12, die längste 22 Tage. Beide Brutdauern wurden bei 26°C (Regelheizer) beobachtet. Bis zu zwei Tage vor dem Entlassen, manchmal erst am Tag selbst, beginnt das Männchen unruhig durch das Becken zu schwimmen. Zuweilen wird es dabei vom Weibchen eine Zeit lang begleitet. Die Jungen werden einzeln oder zu mehreren in Abständen von mehreren Sekunden bis Minuten durch das Maul ausgespuckt, noch treffender wäre der Begriff "ausgehustet". Sowohl das Wildfangmännchen als auch eines der F1-Generation habe ich einmal zur Abgabe der Jungen in ein Becken ohne Bodengrund, aber mit Schwimmpflanzen, umgesetzt. Anhand von Fotos habe ich dann die Jungen ausgezählt, es waren 225 (WF) bzw. etwa 180 (F1).
Die Aufzucht der Jungen erwies sich als unproblematisch, sie nahmen sofort Salinenkrebschen und zerriebenes Trockenfutter. Allerdings fressen sie bis zur Geschlechtsreife auch Fische, sogar ihre kleineren Geschwister. Problematisch war Bodengrund aus Lava oder anderem groben Material, häufig flohen die Jungen in die Hohlräume. Gelangten sie dabei an eine der Seitenscheiben, so versuchten sie, dem Licht zugewand, durch die Scheibe das Hohlraumsystem zu verlassen, und gingen zugrunde.
Unter den 10 Tieren der F2-Generation, die ich behalten hatte, befand sich nur ein Weibchen, daß starb, bevor ich Nachzuchten von ihm erhalten hatte. Leider pflanzten sich auch meine älteren Weibchen nicht mehr fort und es gelang mir nicht, von meinen Nachzuchten Tiere zurückzuerwerben, daher starb dieser Stamm bei mir aus.
Das Aussehen der Tiere wird am besten durch die Farbfotos wiedergegeben und zeigt deutlich die nahe Verwandtschaft der Tiere zu Betta pugnax und B. fusca. In seiner Dissertation vergleicht Jürgen Schmidt das Fortpflanzungsverhalten von 7 Arten aus dem Formenkreis von B. pugnax. Die von mir geschilderten Tiere weichen in mehreren Punkten deutlich von diesen Arten ab. So ist die Laichphase von bis zu 12 Stunden doppelt so lang wie die der dort beschriebenen Arten, die Zahl der Jungen ist mit bis zu 225 mehr als doppelt so hoch. Er schildert zudem die Produktion von Nähreiern zu Beginn der Laichphase von B. fusca, somit gehörten meine Tiere sicher nicht zu dieser Art.

Flossenformeln der aus dem Becken gesprungenen Jungfische (ohne Umterscheidung nach Hart-/Weichstrahlen)

Nr. Gesamtlänge D C A V P
[cm] r l r l
1 4 9 13 28 5 5
2 4 8 12 22 11
3 3,5 8 13 27 6 6
4 3,3 8 13 25 6 6
5 3,6 8 12 24 6 11
6 5,5 9 13 28 6 9
7 8 13 26 6

Flossenformeln nach Fotografien

Nr. Gesamtlänge D C A V P
[cm]
WFm 9-10 10 13 27 6
WFw 9-10 10 13 28



Dauer der Maulbrutpflege

Ablaichen Entlassen der Jungen Dauer in Tagen

24. 12. 9. 1. 16
22. 1. 1. 2. / 6. 2. 10/16
7. 2. 26. 2. 18
7. 3. 10. 3. 3, Laich nicht ausgebrütet
14. 3. 28. 3. 14, eventuell durch Umsetzen, 225 Junge!
31. 3. 13. 4. 13
19. 4. 22. 4. 3, Laich nicht ausgebrütet